HVerfG 4/2025
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Leitsätze
- Den Vertrauenspersonen eines Volksbegehrens, die im eigenen Namen im Zusammenhang mit der Durchführung eines Volksbegehrens verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz suchen, fehlt die hierfür erforderliche Antragsbefugnis für ein Verfahren nach § 27 Abs. 1 oder § 27 Abs. 2 Satz 1 VAbstG. Eine solche Antragsbefugnis folgt auch nicht unmittelbar aus der Verfassung aus Art. 50 Abs. 6 Satz 1, Art. 65 Abs. 3 Nr. 5 HV.
- Die Feststellung des Zustandekommens, wie sie in § 16 Abs. 1 VAbstG vorgesehen ist und auf die § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VAbstG Bezug nimmt, bezieht sich ausschließlich auf tatsächlich abgegebene Stimmen und nicht auf solche, die unter anderen Umständen möglicherweise abgegeben worden wären, tatsächlich aber nicht abgegeben worden sind.
- § 27 Abs. 1 Satz 1 VAbstG eröffnet verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz für die Initiatoren einer Volksinitiative im Hinblick auf die durch den Senat nach § 16 Abs. 1 VAbstG zu treffende Feststellung, ob ein Volksbegehren zustande gekommen ist, und bezieht sich dem Wortlaut nach nur auf die Überprüfung, ob der Senat insoweit zu einem zutreffenden (Auszählungs-) Ergebnis gelangt ist. Eine Überprüfung des vorausgegangenen Verfahrens sieht § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VAbstG für das Volksbegehren – insoweit anders als § 27 Abs. 2 Satz 1 VAbstG für den Volksentscheid – nicht vor.
- Es kann offenbleiben, ob § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VAbstG eine verfassungsgerichtliche Überprüfung der Durchführung eines Volksbegehrens gleichwohl dann eröffnet, wenn geltend gemacht wird, es seien hierbei grundlegende, unmittelbar aus der Verfassung abzuleitende Vorgaben – namentlich die aus dem Demokratieprinzip (Art. 3 Abs. 1 HV) folgenden Anforderungen – offenkundig nicht beachtet worden.
- Art. 50 Abs. 6 Satz 1 HV und Art. 65 Abs. 3 Nr. 5 HV gewährleisten nicht unmittelbar und unabhängig von gesetzlichen Verfahrensregelungen eine verfassungsgerichtliche Kontrolle der Durchführung eines Volksbegehrens. Vielmehr sind die Möglichkeiten, die Durchführung von Volksbegehren zur inhaltlichen Überprüfung durch das Verfassungsgericht zu stellen, in den (einfach-) gesetzlichen Vorschriften vollständig und abschließend geregelt. Dies hat das Gericht mit Urteil vom heutigen Tag entschieden. Dies gilt entsprechend (und erst recht), wenn nicht lediglich die verfassungsgerichtliche Feststellung begehrt wird, der Senat habe bei der Durchführung eines Volksbegehrens die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht eingehalten, sondern wenn darüber hinaus die Verurteilung des Senats angestrebt wird, ein Volksbegehren nach bestimmten behaupteten verfassungsrechtlichen Maßgaben durchzuführen bzw. fortzusetzen.
- Die Möglichkeit, das Handeln eines anderen Verfassungsorgans unabhängig von einem Kompetenzstreit einer allgemeinen Verfassungs- oder Rechtsmäßigkeitsprüfung zu unterziehen, ist im Organstreitverfahren nicht eröffnet.
