Hamburgisches Verfassungsgericht

HVerfG 6/2020

Volksbegehren "Bürgerbegehren und Bürgerentscheide jetzt verbindlich machen - Mehr Demokratie vor Ort"

Leitsätze HVerfG 6/20

 

  1. Die sich aus dem Demokratieprinzip in Art. 3 Abs. 1 HV ergebenden Begründungs­anforderungen gelten auch bei Volksbegehren, die eine Befassung mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung (andere Vorlage) im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. HV zum Gegenstand haben.           
     
  2. Die Bezirke der Freien und Hansestadt Hamburg stellen weder Selbstverwaltungs­körperschaften im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG dar noch besitzen sie Rechtsfähigkeit.
     
  3. Eine Modifikation des umfänglichen Weisungs- und Evokationsrechts des Senats nach Art. 33 Abs. 2 Satz 2 HV ist nur im Wege einer Verfassungsänderung möglich. 
     
  4. hier: Die Anforderungen an die Begründung der anderen Vorlage sind nicht gewahrt, da nicht offengelegt wird, welche weitreichenden Änderungen der Verfassung und der Verwaltungsorganisation der Freien und Hansestadt Hamburg zu ihrer Umsetzung notwendig sind.    
     
  5. hier: Die andere Vorlage verstößt gegen Abstimmungsgrundsätze, da die gewählte Formulierung in Zusammenschau mit der Begründung geeignet ist, bei den Stimmberechtigten einen Irrtum darüber hervorzurufen, dass bei den Abgeordneten der Bürgerschaft eine Verpflichtung zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten entsteht.
     
  6. Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob die Einführung der Bindungswirkung in Art. 50 Abs. 4a HV zu einer Einschränkung der zulässigen Gegenstände anderer Vorlagen im Sinne des Art. 50 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz HV führt und damit Volksinitiativen, die einem Ersuchen der Bürgerschaft an den Senat entsprechen, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, nicht mehr zulässig sind.