Hamburgisches Verfassungsgericht

Hamburgische Bürgerschaft kann über Erhöhung der Beteiligung an Hapag-Lloyd entscheiden

Das Hamburgische Verfassungsgericht hat mit Beschluss vom 27. März 2012 (Az.: HVerfG 2/12) den Antrag eines Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Zusammenhang mit der Beteiligung der Freien und Hansestadt Hamburg an der Hapag-Lloyd Holding AG als offensichtlich unzulässig verworfen.

Der Antragsteller wollte erreichen, dass der Hamburgischen Bürgerschaft vorläufig verboten wird, über Entscheidungsvorlagen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg im Zusammenhang mit Kapitalmaßnahmen bei der Hapag-Lloyd Holding AG zu beschließen.

Die Freie und Hansestadt Hamburg ist über die Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement mbH (HGV) an der Albert Ballin GmbH & Co. KG beteiligt, welche ca. 62% der Anteile an der Hapag-Lloyd Holding AG hält. Die Albert Ballin GmbH & Co. KG beabsichtigt, auch die übrigen Anteile an der Hapag-Lloyd Holding AG zu erwerben. Der für den Erwerb der Anteile von der HGV aufzubringende Anteil an der Kapitalerhöhung (420 Mio. Euro) soll nach der Planung des Senats über Darlehensaufnahmen fremd finanziert und über eine Bürgschaft der Freien und Hansestadt Hamburg abgesichert werden. Die Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Investment bei der Hapag-Lloyd Holding AG erfordern die Zustimmung der Bürgerschaft. Über ein entsprechendes Petitum des Senats (Drucksache 20/3306) beabsichtigt die Bürgerschaft in der Sitzung vom 28. März 2012 abzustimmen.

Am 26. März 2012 hat der Antragsteller bei dem Hamburgischen Verfassungsgericht Anträge gemäß § 14 Nr. 2 des Gesetzes über das Hamburgische Verfassungsgericht - HVerfGG - vom 23. März 1982 (HmbGVBI. S. 53, m. spät. Änd.) gestellt mit dem Begehren, der Antragsgegnerin aufzugeben, eine Beschlussfassung über das in der Drucksache 20/3306 enthaltene Petitum erst vorzunehmen, nachdem der Senat ein "Wertgutachten" hinsichtlich der von der beabsichtigten Kapitalmaßnahme betroffenen Zielgesellschaft, hilfsweise nachdem der Senat eine "Risikoanalyse" hinsichtlich der beabsichtigten Kapitalmaßnahme vorgelegt hat. Mit demselben Schriftsatz hat der Antragsteller einen Eilantrag gestellt. Der Antragsteller ist der Auffassung, aus seinem Statusrecht als Abgeordneter folge ein Informationsanspruch gegen die Regierung, dass diese ihn in die Lage versetze, auf der Grundlage der jeweils notwendigen Sachkenntnis über den Entscheidungsgegenstand zu beraten. Dieser Informationsanspruch sei bislang nicht erfüllt worden. Er, der Antragsteller, sehe sich nicht in der Lage, über den Betrag von 420 Mio. Euro zu befinden, ohne nicht zuvor auf der Grundlage einer Unternehmensbewertung bzw. einer Risikoanalyse die Konsequenzen seiner Entscheidung abschätzen zu können. Gegenwärtig werde ihm eine Entscheidung zugemutet, die ihn – wäre er nicht als Abgeordneter durch die Indemnität geschützt – strafrechtlich der Verfolgung wegen Untreue aussetzen würde.

Die Bürgerschaft hat beantragt, den Antrag abzulehnen. Er sei unzulässig und unbegründet. Der gemäß § 39c Abs. 2 HVerfGG beteiligte Senat der Freien und Hansestadt vertritt die Ansicht, der Antrag sei unzulässig.

Das Hamburgische Verfassungsgericht hat den Antrag gem. § 27 Abs. 1 S. 1 HVerfGG als offensichtlich unzulässig verworfen. Nach der genannten Vorschrift kann das Gericht offensichtlich unzulässige oder offensichtlich unbegründete Anträge durch einstimmigen Beschluss verwerfen.

Die Zulässigkeit des Antrags scheitere an der mangelnden Antragsbefugnis des Antragstellers. Die Antragsbefugnis im hiesigen Organstreitverfahren – und ebenso im hierauf bezogenen Eilrechtsschutzverfahren – erfordere gemäß § 39b Abs. 1 HVerfGG die schlüssige Behauptung des Antragstellers, durch die beanstandete Maßnahme in seinen Rechten und Zuständigkeiten möglicherweise verletzt oder gefährdet zu sein. An einer solchen schlüssigen Behauptung des Antragstellers fehle es jedoch, denn er habe keinen verfassungsrechtlichen Anspruch gegen die Bürgerschaft dargelegt, der seinen Eilantrag begründen könnte. Inhaltlich müsse ein solcher Anspruch auf Aussetzung einer Sachentscheidung des Parlaments über eine Beschlussvorlage gerichtet sein, und zwar solange, bis der Senat der Freien und Hansestadt dem Antragsteller die von ihm als Parlamentsabgeordneten gewünschten Informationen verschafft hat. Die Rechtsgrundlage eines derartigen Anspruchs habe der Antragsteller nicht benannt. Sie ergebe sich aber auch nicht offensichtlich aus der Hamburgischen Verfassung. Diese regele zwar verschiedene gegen den Senat gerichtete Informationsansprüche der Bürgerschaft bzw. einzelner Abgeordneter oder Gruppen von Abgeordneten. Bestimmungen, wonach Beschlussfassungen der Bürgerschaft unter den Vorbehalt gestellt wären, dass zuvor die Informationsansprüche einzelner Abgeordneter oder Gruppen von Abgeordneten erfüllt seien, existierten indes nicht.

Die Entscheidung kann nicht angefochten werden.