Hamburgisches Verfassungsgericht

HVerfG 3/2022

„Volksbegehren gegen den Transport und Umschlag von Rüstungsgütern über den Hamburger Hafen“

HVerfG 3/22

Leitsätze

  1. Art. 50 HV unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Strängen der plebiszitären Beteiligung. Zum einen ist eine unmittelbare Änderung der geltenden Rechtslage z.B. durch Änderung von Gesetzen oder der Verfassung im Volksgesetzgebungsverfahren möglich. Zum anderen erlaubt der Weg der anderen Vorlage grundsätzlich auch jegliche andere politische Einflussnahme.
  2. Eine Auslegung von verbindlich formulierten anderen Vorlagen dahingehend, dass diese lediglich eine Befassungspflicht begründen können, lässt sich seit der Einführung des Art. 50 Abs. 4a Satz 1 HV im Jahr 2008 mit dem eindeutigen Wortlaut der Verfassung nicht mehr vereinbaren.

  3. Eine andere Vorlage, die nicht nur die Befassung mit einem Themenbereich, eine – ggf. auch qualifizierte – Prüfung von Voraussetzungen oder der Umsetzbarkeit bestimmter Vorhaben oder ein sonstiges, beispielsweise fiskalisches Handeln verlangt, sondern verbindlich auf Rechtsänderung durch den Erlass eines Gesetzes gerichtet ist, stellt keinen zulässigen Gegenstand eines Volksbegehrens nach Art. 50 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 HV dar. Das angestrebte Ziel der Rechtsänderung kann nur nach Art. 50 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 HV als Antrag auf Erlass, Änderung oder Aufhebung eines Gesetzes verfolgt werden.         
  4. Zudem: Die Freie und Hansestadt Hamburg hat keine Gesetzgebungskompetenz für ein gesetzliches Verbot des Transports und Umschlags von Rüstungsgütern über den Hamburger Hafen.

  5. Ergänzend: Die Umsetzung eines gesetzlichen Verbots des Transports und Umschlags von Rüstungsgütern über den Hamburger Hafen durch eine Einschränkung der Widmung von öffentlichen Sachen im Hafengebiet scheidet aus. Die Bundestreue verpflichtet die Länder, keine Regelungen im Gewande einer Widmung zu treffen, die sich der Sache nach als Regelung eines von Art. 73 GG erfassten Lebensbereichs darstellen (Hinweis auf BVerfG, Urt. v. 7.12.2021, 2 BvL 2/15, BVerfGE 160, 1, juris Rn. 89).