Hamburgisches Verfassungsgericht

Terminvorschau HVerfG 3/2022

Mündliche Verhandlung über „Volksbegehren gegen den Transport und Umschlag von Rüstungsgütern über den Hamburger Hafen“

(HVerfG 3/22)

 

Vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht findet am 12. Juli 2023 die mündliche Verhandlung im Verfahren über das „Volksbegehren gegen den Transport und Umschlag von Rüstungsgütern über den Hamburger Hafen“ statt. Auf Antrag des Senats hat das Gericht über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit und damit über die Durchführung des Volksbegehrens zu entscheiden. Die Verhandlung findet im Plenarsaal des Hanseatischen Oberlandesgerichts, Sievekingplatz 2, 20355 Hamburg statt und beginnt um 11.30 Uhr. Mit einer Urteilsverkündung ist im September 2023 zu rechnen. Bildaufnahmen im Sitzungssaal sind vor und nach der Sitzung sowie auf dem Flur vor dem Sitzungssaal möglich.

Ausgangspunkt des Verfahrens ist die „Volksinitiative gegen den Transport und Umschlag von Rüstungsgütern über den Hamburger Hafen“, die ab März 2021 Unterschriften für eine Vorlage gesammelt hat, nach der „Senat und Bürgerschaft … innerhalb eines Jahres eine Rechtsgrundlage [schaffen], die den Transport und Umschlag von Rüstungsgütern über den Hamburger Hafen verbietet und …  zusätzlich alle notwendigen und zulässigen Schritte [unternehmen], um dieses Verbot unverzüglich umzusetzen.“. Die Initiative kam Ende 2021 mit den Unterschriften von mehr als 10.000 Wahlberechtigten zustande. Die Hamburgische Bürgerschaft, die sich mit dem Anliegen anschließend zu befassen hatte, verabschiedete keinen der Vorlage der Volksinitiative entsprechenden Beschluss. Die Initiatoren beantragten im April 2022, ein Volksbegehren durchzuführen, woraufhin der Senat das Hamburgische Verfassungsgericht mit dem Feststellungsziel angerufen hat, dass das Volksbegehren nicht durchzuführen sei. Für die Dauer des Verfahrens ruht das Volksbegehren.

Der Senat beanstandet, dass die beabsichtige Vorlage mit höherrangigem Recht unvereinbar sei und die Grenzen der Hamburgischen Verfassung überschreite. Nach Ansicht des Senats fehle es im Verhältnis zum Bund schon an der Gesetzgebungskompetenz der Freien und Hansestadt Hamburg. Regelungen über den Transport und Umschlag von Rüstungsgütern unterfielen der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes, der nach dem Grundgesetz für die Kontrolle von Kriegswaffen, auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung, das Außenwirtschaftsrecht sowie das Waffen- und Sprengstoffrecht allein zuständig sei. Die Volksinitiative widerspreche auch dem Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens, aus dem sich die Verpflichtung der Länder ergebe, ihre Zuständigkeiten so zu handhaben, dass Kollisionen mit vorrangigen ausschließlichen Bundeszuständigkeiten ausgeschlossen blieben. Zudem sei es unzulässig, das Anliegen der Initiatoren im Wege einer den Senat und die Bürgerschaft bindenden sog. „anderen Vorlage“ im Sinne von Art. 50 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 der Hamburgischen Verfassung zu verfolgen, obwohl es tatsächlich auf die Schaffung einer gesetzlichen Regelung gerichtet sei. Diese müsse im Rahmen des Volksgesetzgebungsverfahrens unmittelbar zur Abstimmung gestellt werden und dürfe nicht mittelbar dadurch angestrebt werden, dass das Anliegen lediglich als Gegenstand der politischen Willensbildung formuliert werde.

Die Initiatoren machen u.a. geltend, mit dem Verbot des Transports und Umschlags von Rüstungsgütern über den Hamburger Hafen werde der in der Präambel der Verfassung verankerte Zweck der Friedenssicherung verfolgt. Gegenstand der Volksinitiative sei nicht der Erlass eines Gesetzes, so dass sich die Frage der Gesetzgebungskompetenz im Verhältnis zum Bund nicht stelle. Wenn es in der Vorlage heiße, dass eine rechtliche Grundlage für das Verbot von Rüstungsgütertransporten über den Hamburger Hafen geschaffen werden solle, beschreibe dies den angestrebten Gegenstand der politischen Willensbildung, der auch durch eine untergesetzliche Regelung (z.B. in Form einer Satzung oder Allgemeinverfügung) umgesetzt werden könne. Im Verhältnis zum Bund stehe allen Ländern grundsätzlich die Kompetenz zu, ihre Häfen frei zu widmen.

 

Das Hamburgische Verfassungsgericht ist Verfassungsorgan neben Bürgerschaft und Senat. Seine verfassungsrechtliche Grundlage findet es in Artikel 65 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg (HV). Als höchstes Gericht der Freien und Hansestadt Hamburg ist es zuständig insbesondere für die in Art. 65 HV benannten Streitigkeiten zwischen Verfassungsorganen, für Entscheidungen über die Vereinbarkeit von Landesgesetzen und ‑rechtsverordnungen mit der Hamburgischen Verfassung, für Beschwerden gegen die Gültigkeit von Wahlen zu Bürgerschaft und Bezirksversammlungen sowie für Streitigkeiten über die Durchführung von Volksbegehren und Volksentscheiden.

 

Das Hamburgische Verfassungsgericht besteht aus der Präsidentin und acht Verfassungsrichterinnen und ‑richtern. Die Bürgerschaft wählt die Mitglieder des Verfassungsgerichts auf sechs Jahre. Präsidentin ist Birgit Voßkühler. Nähere Informationen finden Sie auf der Homepage des Hamburgischen Verfassungsgerichts: http://www hamburgisches-verfassungsgericht.de.

 

 

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